Dividenden vs. Arbeitslohn

Dividenden erhalten Anteilseigner als „passives“ Einkommen – Arbeitslohn erhalten Beschäftigte für ihre „aktive“ Tätigkeit.

Dividende schlägt Arbeitslohn

In der deutschen Wirtschaft „krieselt“ es – sagen die Optimisten. Die Pessimisten sehen Deutschland sich fortschreitend deindustrialisieren. Ausgerechnet auch im „Autoland“ Deutschland sind die Widersprüche aktuell unübersehbar.

Der VW-Konzern, der sich jahrelang der Jobgarantie bis 2029 rühmte, kündigt laut Medienmeldungen Massenentlassung und Werkschließungen an:

„Volkswagen setzt die Arbeitsplatz-Garantie für Mitarbeiter außer Kraft und erwägt Werkschließungen. Betriebsrat und Gewerkschaft sind entsetzt. Die Standorte zittern.“

Der Münchner Merkur zitiert CEO Oliver Blume:

„‚Das wirtschaftliche Umfeld hat sich nochmals verschärft, neue Anbieter drängen nach Europa. Dazu kommt, dass vor allem der Standort Deutschland bei der Wettbewerbsfähigkeit weiter zurückfällt.'“

Allerdings hat das „wirtschaftliche Umfeld“ den Konzern nicht davon abgehalten, immer höhere Dividenden auszuschütten.

VW Dividende
Quelle: aktien.guide

Dividenden sind sogenannte „passive Einkünfte“, die aus fremder Arbeit resultieren. Die Einkünfte der Beschäftigten aus eigener Arbeit sind dagegen nun für gefährdet. Denn:

„Sicher sei allerdings, dass der ursprünglich geplante Stellenabbau über Modelle wie Altersteilzeit und Abfindungen nicht mehr ausreiche.“

Doch es wäre unsachlich, nur das Management des VW-Konzerns für diese Entwicklung verantwortlich zu machen. Denn was für VW gilt, sieht bei anderen Konzernen der Branche nicht besser aus. Oder wie Jens Berger kommentierte: „Autoland ist abgebrannt“.

„Übertölpelte Arbeitnehmer“

Wie groß das Missverhältnis zwischen „passiven“ Einkünfte aus Dividenden, also Kapitaleinkünften, im Verhältnis zu denen aus „nichtselbständiger Arbeit“ von „Arbeitnehmern“ sein kann, analysierte unlängst Christian Kreiß in einem sehr lesenswerten Artikel am Beispiel letzten Geschäftsberichte von Mercedes Benz.

In den Geschäftsjahre 2021 bis 2023 lag die Netto-Umsatzrendite, also die Gewinne im Verhältnis zum Umsatz, fast bei jeweils 10 Prozent.

„Aufgrund der erfreulichen Ertragslage konnte Mercedes in den letzten drei Jahren gute Dividenden ausschütten. Für 2021 wurden 5 Euro Dividende ausgeschüttet, für 2022 5,2 Euro und für 2023 5,3 Euro. Das sind die mit Abstand höchsten Dividenden der letzten 15 Jahre. In absoluten Beträgen waren das etwa 5,35 Milliarden Euro für 2021, 5,6 Milliarden für 2022 und knapp 5,7 Milliarden für 2023.“

Im Vergleich dazu betrug die Lohn- und Gehaltssumme der „Arbeitnehmer“ 2021 rund 22,9 Milliarden Euro, 2022 ca. 16,5 Milliarden und 2023 schließlich 16,6 Milliarden.

Bezogen auf die Anzahl der bei Mercedes Benz beschäftigten „Arbeitnehmer“ kommt Kreiß zu dem mathematischen Schluss:

„Hätte man die Dividende statt an die Aktionäre an die Werktätigen ausgezahlt, die die Wertschöpfung erbracht haben, hätte jeder bei Mercedes beschäftigte Mensch 2021 eine Lohnerhöhung von 23,4 Prozent bekommen können. 2022 und 2023 hätte man die Löhne und Gehälter jedes Beschäftigten um etwa 34 Prozent erhöhen können.“

Vitali Arnt: Vermögensaufbau durch Aktien-SparpläneUnter Berücksichtigung des nicht ausgeschütteten Teils der Gewinne „wurde den arbeitenden Menschen bei Mercedes in den letzten drei Jahren knapp die Hälfte ihres Lohnes abgenommen und den Aktionären übertragen“.

Ergänzend wäre noch zu berücksichtigen, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Deutschland der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent unterliegen. Demgegenüber werden Arbeitseinkünfte mit bis zu 42 Prozent versteuert. Dieser steuerliche Hebel bewirkt zusätzlich, dass nach Steuern mehr Geld von Dividenden bei den Empfängern bleibt als von den Arbeitseinkünften von den Beschäftigten. Ob man das gut und richtig findet, sei mal dahingestellt. Aber so funktioniert das System.


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Von Thomas Schulze

Mit den Beiträgen will ich helfen, anhand ausgewählter Beiträge besser zu verstehen, "was die Welt im Innersten zusammenhält"

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