Digitaler Euro – wer hofft einfaches Bezahlen, kostengünstigere und schnellere Geldtransaktionen, mehr Freiheit … oder mehr Macht?
Digitaler Euro für mehr Freiheit oder Macht?
Am 12.07.2021 berieten die Finanzminister der Europäischen Union über die weiteren Schritte zur Einführung des Digitalen Euros. Die Folgen betreffen nicht nur die Sparer, sondern jeden von uns.
- die Sparer, die ihr Geld als Festgeld, auf einem Sparkonto, in Anleihen oder in einer anderen „sicheren“ Geldanlage angelegt haben;
- die renditeoriendierten Investoren an den Börsen, die gern nach Chancen für schnellere Geldvermehrung schauen;
- die Freunde des Betongoldes und anderer Sachanlagen, für die vor allem Sachwerte „wahre Werte“ sind;
- die Konsumenten – ob vorzugsweise mit Bargeld oder Karte – die vor allem bequeme und schnelle Transaktionen interessieren…
Schauen wir uns einige Folgen an, die mit dem digitalen Euro auf uns zukommen:
Medienkampagne für digitalen EZB-Währung
Das ZDF berichtete am 14.07.2021 unter dem durchaus treffenden Titel: „Digitaler Euro: Es geht um mehr als bezahlen„. Dem Titel stimme ich zu – aber in einem ganz anderen Sinn, wie ich gleich belegen werde.
Der ZDF-Beitrag ist eine Lobeshymne auf die EZB-Währung und zugleich eine Mahnung, dass die EU schon viel zu viel Zeit hat versteichen lassen.
Mehrfach wird in dem Beitrag Prof. Dr. Philipp Sandner zitiert, beispielsweise:
„Die EZB hinkt hinterher; deren Infrastruktur wird in 2026 oder später einsetzbar sein. Auch der US-Dollar ist in einigen Bereichen bereits digital geworden. Das größte Risiko ist, die Bedeutung einer digitalen Währung zu unterschätzen und den Vorsprung zu anderen Währungsräumen größer werden zu lassen.“
Zu ihm heißt es nur kurz, dass er seit Jahren im Bereich der digitalen Werte forscht. Doch ist Sandner ein neutraler Experte, oder könnte man in ihm eher einen Drosten der digitalen Währung sehen? Er
- leitet das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management, das Finanzinstitute, Industrieunternehmen und Startups hinsichtlich ihrer Blockchain-Aktivitäten berät;
- ist im FinTechRat des Bundesministeriums der Finanzen und im Blockchain Observatory der Europäischen Union;
- war Mitgründer des Blockchain Bundesverband e.V., der International Token Standardization Association (ITSA) e.V. und der Multichain Asset Managers Association;
- war Mitgründer einer auf Innovation und Technologietransfer spezialisierten Unternehmensberatung
um nur einige seiner Business-Aktivitäten neben der Forschung zu nennen. Wie unabhängig kann seine Aussage zum digitalen Euro sein?
Gabor Steingart vs. Norbert Häring
Anlässlich der Beratung der EU-Finanzminister gab Gabor Steingart seine Sicht auf den digitalen Euro im Morning Briefing wieder. Wie er dürften viele von uns noch relativ gelassen auf die Aktivitäten der Europäischen Zentralbank schauen.
„Im Kern geht es um die Schaffung eines neuen Transaktionsstandards, der schnellere, einfachere und günstigere Geldtransfers möglich machen soll.“
Im Gegensatz zu Bitcoin und Co erwartet Steingart, dass der digitale Euro „Notenbankgeld“ bleibt. Doch ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst?
Denn wie Norbert Häring, einer der entschiedendsten Kritiker der digitalen EU-Währung, genau zu diesem Aspekt in einem „Abend Briefing“ seinen Newsletterlesern schreibt:
„Der digitale Euro ist ein von der Europäischen Zentralbank (EZB) herausgegebenes digitales Geld – im Gegensatz zum Giralgeld der Banken, das zwar auch digital ist und auf Euro lautet, aber nur einen (leicht übertragbaren) Anspruch auf Auszahlung von Notenbankgeld darstellt.“
Aus seiner im wesentlichen beruhigenden Sicht meint Steingart ergänzend:
„Mit dem digitalen Euro sichert die EZB ihre geldpolitische Hoheit in Zeiten, in denen das Bargeld an Relevanz verliert…“
Genau so ist es nicht, entgegnet Häring, denn:
„Es geht also nicht mehr um Europas Souveränität, sondern nur noch um Vasallentreue gegenüber den USA in der Konkurrenz mit China.“
Abgesehen von diesen finanzpolitischen Folgen glaubt Steingart der Zusicherung:
„Die Kundendaten sollen der EZB nicht bekannt sein. Der Kunde weist sich vielmehr durch einen EU-Identitätsnachweis aus, der nach allen Regeln der Kunst dem Datenschutz genügen soll.“
Dagegen kritisiert Häring schon seit langem, dass der EZB und den Behörden anonyme Geldgeschäfte – und deshalb auch Bargeld – ein Dorn im Auge sind.
„Sie werden daher einen Teufel tun und einen anonymen digitalen Euro einführen. Nichts deutet darauf hin, dass sie das tun möchten.“
Digitaler Euro – „Ihr Konto ist gesperrt“
Den Hintergrund für die EU-Aktivitäten zum digitalen Zentralbankgeld kann man besser verstehen, wenn man sich nicht von den „Vorzügen“ der Online-Bezahlung blenden lässt. Denn die digitale Währung soll keinesfalls den Bargelverkehr ergänzen.
Norbert Häring belegt das in seinem Beitrag „Der digitale Euro als das Ende finanzieller Privatheit, in den Worten des BIZ-Chefs“ vom 15.07.2021. Darin erinnert er an eine virtuelle Panel-Diskussion des Internationalen Währungsfonds am 19.10.2020.
Die Diskussion stand unter dem Titel „Cross Border Payment – A Vision for the Future„. Aus dem Diskussionsbeitrag von Augustin Carstens, Generalsekretär der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), zitiert Häring:
„In unseren Analysen zum digitalen Zentralbankgeld für die allgemeine Nutzung neigen wir dazu, von einer Äquivalenz zu Bargeld zu sprechen. Aber es gibt einen großen Unterschied. Zum Beispiel wissen wir beim Bargeld nicht, wer heute eine 100-Dollar-Note nutzt, oder einen 1000-Peso-Schein. Ein entscheidender Unterschied zum CBDC ist, dass die Zentralbanken absolute Kontrolle über die Regeln und Regulierungen haben werden, die die Nutzung [des digitalen Zentralbankgelds] regeln. Und wir werden auch die Technologie haben, das durchzusetzen. Diese beiden Aspekte sind sehr wichtig und machen einen riesigen Unterschied gegenüber dem Bargeld aus.“
Im weiteren Verlauf unterstrich Carstens zudem, dass niemand das digitale Zentralbankgeld nutzen könne, dem die Zentralbank das nicht gestatten möchte.
Der digitale Euro als das Ende finanzieller Privatheit, in den Worten des BIZ-Chefs
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