Entdollarisierung ist ein längerfristiger Prozess, in dem die Vorherrschaft des Dollars auf den Finanzmärkten dank der US-Politik schwindet.
Entdollarisierung von US-Regierung beschleunigt
Was verschiedentlich schon seit einigen Jahren gemunkelt wurde, ist jetzt eingetreten. Allerdings kamen die deutschsprachigen Meldungen nicht überwiegend in den großen Medien, sondern beispielsweise von Goldseiten oder Kettner-Edelmetalle:
„Die geopolitische Landschaft erfährt eine tiefgreifende Veränderung, da Saudi-Arabien, eine der größten Ökonomien des Nahen Ostens, sich entschieden hat, das jahrzehntelange Petro-Dollar-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika nicht zu verlängern. Dieser Schritt, der als ein Paradigmenwechsel im globalen Finanzsystem betrachtet wird, könnte weitreichende Folgen für die Stabilität des US-Dollars als Leitwährung haben und zeigt die zunehmende Bedeutung alternativer Währungen und digitaler Zahlungsmethoden auf.“
Entdollarisierung – ein langer Prozess
Die Vorherrschaft des Dollars vor allem auf den internationalen Finanzmärkten nahm in den letzten Jahrzehnten deutlich zu. Doch in vielen Bereichen der Wirtschaft, besonders Industrie und Warenhandel sind auch entgegengesetzte Prozesse erkennbar.
Yuefen Li, Wirtschaftswissenschaftlerin und Sonderberaterin für Süd-Süd-Kooperation und Entwicklungsfinanzierung, South Centre, Genf verdeutlichte das in einem Beitrag am 02. 01. 2024 unter anderem an folgender Gegenüberstellung:
Demnach hätten die USA einen Anteil am Welthandel von Waren und Dienstleistungen von ca. 11,5 Prozent. An den Finanztransaktionen sei der US-Dollar jedoch absolut beherrschend.
Das erlaubte den USA jahrzehntelang, anderen Ländern Handelsspielräume zu bieten oder aber Zugeständnisse abzuverlangen. Yuefen Li kommentiert dazu:
„In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die Zentralbanken vieler Länder versucht, ihre Portfolios zu diversifizieren und sich vom US-Dollar abzuwenden. Seit der Jahrtausendwende ist der Anteil des US-Dollars an den weltweiten Devisenreserven um mehr als 10 Prozentpunkte zurückgegangen. Verglichen mit seinem Höchststand von 85 Prozent im Jahr 1977 ist der Rückgang des US-Dollars bei den weltweiten Devisenreserven beträchtlich.
Auf der Suche nach einer sicheren Alternative zum Dollar haben sich die Zentralbanken dem Gold und anderen Währungen zugewandt. Die Goldkäufe der Zentralbanken haben einen Spitzenwert von 33 Prozent der monatlichen weltweiten Goldnachfrage erreicht, was zum starken Anstieg des Goldpreises beigetragen hat. Im Jahr 2022 kauften die Zentralbanken eine Rekordmenge von 1.089 Tonnen Gold, so viel wie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1950 nicht mehr.“
In dieser Entwicklung sieht sie jedoch keinen vorübergehenden Prozess:
„Aufgrund des zunehmenden Bewusstseins für die wirtschaftlichen und geopolitischen Gründe für die Entdollarisierung und der Tatsache, dass wichtige Entwicklungsländer an der Spitze der Bewegung stehen, scheint der Trend zur weiteren Entdollarisierung jedoch unaufhaltsam zu sein.“
Sanktionen werden die Welt ruinieren
Ähnlich stellte Peter St. Onge von der Heritage Foundation vor einem Jahr unter dem Titel „‚Woke‘ Sanktionen und Länder, die den Dollar aufgeben, werden die Welt ruinieren, nicht nur die Vereinigten Staaten“ fest:
„Seit über einem Jahr treiben beispiellose US-Sanktionen gegen Russland befreundete Länder, von Brasilien bis Saudi-Arabien, vom Dollar weg.
Amerikas Wirtschaftspolitik gegen Verbündete zu instrumentalisieren – ausgerechnet wegen ‚Stolz‘ – könnte schwerwiegende Folgen haben.
Wenn Washington nun beabsichtigt, den Dollar zur Bestrafung von Entwicklungsländern einzusetzen, werden wahrscheinlich viele weitere Länder zu dem Schluss kommen, dass der Dollar zu riskant ist.“
Vor allem dank der Anstrengungen Chinas sinkt der Anteil des Dollars am Welthandel immer weiter. China und vor allem die BRICS-Staaten wickeln zunehmend ihre Handelsgeschäfte in anderen Währungen als dem Dollar ab. Zudem hat China seine US-Staatsanleihen in den letzten 10 Jahren von 1,3 Billionen Dollar auf 800 Milliarden Dollar verringert. Demgegenüber wachsen die chinesischen Goldreserven. Offiziell erwarb die chinesische Zentralbank im Jahr 2023 ca. 225 Tonnen Gold. Chinesische Privatanleger sollen mehr als 1 000 Tonnen Gold erworben haben. Derzeit werden nur noch ca. 40 % des Welthandels in US-Dollar abgewickelt – vor einem Jahrzehnt waren es noch 52 %.
St Onge resümiert:
„Eine Studie des Währungsanalysten Stephen Jen ergab, dass der Anteil des Dollars an den weltweiten Reserven von 73 % im Jahr 2001 auf nur noch 55 % im Jahr 2021 einbrach und dann innerhalb eines einzigen Jahres um 8 Prozentpunkte auf 47 % zurückging.“
Entdollarisierung geht von USA aus
Nach Expertenmeinungen sind es jedoch nicht vorrangig andere Staaten, die die Entdollarisierung vorantreiben, sondern die USA selbst.
Unter dem Titel „Die wahren Kosten der Entdollarisierung“ stellte Ben Steil am 18. 08. 2023 fest:
„Ironischerweise geht die größte Bedrohung für die Hegemonie des Dollars von der US-Regierung selbst aus“.
Ähnlich sieht das der deutsche Politologe Dr. Eike Hamer. In einem Artikel der ISWESTIA vom 13. 06. 2024 wird er zitiert:
„Wenn jemand, wie die USA, von außen die deutsche Wirtschaft sabotiert, dann leidet die gesamte europäische Wirtschaft, weil das Opfer der Ausplünderung nicht mehr genug Geld verdienen kann, um andere zu bezahlen […] Wenn sie [die USA] keine Geschäfte mit russischen oder eurasischen Rohstoffen machen können, dann sollen es die Deutschen auch nicht. Also zwingen oder überreden sie die Europäer, das Völkerrecht zu brechen […] Das US-Regime hat die Europäer gezwungen, ebenfalls das Völkerrecht zu brechen, damit kein Geld nach Europa fließt. Sonst würde Europa nur profitieren […] Im Grunde werden wir von Leuten regiert, die nicht in unserem Namen handeln. Es ist also sehr einfach für die USA, weil man sie [die EU] einfach anweisen kann, etwas zu tun, und sie nicht einmal überzeugen muss.“
Präsident Putin über die US-Sanktionen
In seiner Grundsatzrede vor der Führung des russischen Außenministeriums am 14. 06. 2024 äußerte sich der russische Präsident Wladimir Putin ähnlich:
„Die westlichen Länder haben einen Teil der russischen Vermögenswerte und Währungsreserven eingefroren. Jetzt denken sie darüber nach, wie sie eine Rechtsgrundlage für deren endgültige Aneignung schaffen können. Doch trotz aller Gaunereien wird Raub zweifellos Raub und nicht ungestraft bleiben.
Das Problem liegt sogar noch tiefer. Indem sie russische Vermögenswerte stehlen, machen sie einen weiteren Schritt zur Zerstörung des Systems, das sie selbst geschaffen haben und das ihnen jahrzehntelang ihren Wohlstand gesichert hat, ihnen erlaubt hat, mehr zu konsumieren, als sie erarbeiten, das durch Schulden und Verbindlichkeiten Geld aus der ganzen Welt angezogen hat. Jetzt wird allen Ländern, Unternehmen und Staatsfonds klar, dass ihre Vermögenswerte und Reserven alles andere als sicher sind – sowohl im rechtlichen als auch wirtschaftlichen Sinne des Wortes. Und jeder könnte der nächste sein, der von den USA und dem Westen enteignet werden könnte. Es könnten diese ausländischen Staatsfonds sein.
Es gibt schon jetzt ein wachsendes Misstrauen gegenüber dem auf westlichen Reservewährungen basierenden Finanzsystem. Es gibt einen Abfluss von Geldern aus den Wertpapieren und Schuldverschreibungen westlicher Länder sowie aus einigen europäischen Banken, die noch vor kurzem als absolut zuverlässige Orte für die Lagerung von Kapital galten. Jetzt ziehen sie Gold aus diesen Banken ab. Und sie tun das Richtige.“
Angesichts dieser Entwicklung des Finanzsystems sollten Anleger verstärkt prüfen, welche ihrer Investitionen direkt oder indirekt von der Entdollarisierung betroffen sein könnten und welche alternativen Sach- und Währungsanlagen zu ihnen passen.
Siehe u.a. auch: