Für Finanzanlagen sind gemäß Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) 2012 alle Gespräche aufzeichnen und dokumentieren.
Finanzanlagenvermittlung ist umfassend zu dokumentieren
Mit der Aufforderung „Sie brauchen nur hier zu unterschreiben“ ist heute keine Vermittlung von Finanzanlagen mehr zulässig. Finanzanlagenvermittler müssen gemäß der FinVermV von 2012 alle Gespräche aufzeichnen und dokumentieren, die zur Zeichnung einer Kapitalanlage zu führen. Bankberater müssen dafür auch telefonische Beratungsgespräche dokumentieren. Dies soll nach dem neuen Referentenentwurf auch für freie Finanzanlagenvermittler gelten. Den Referentenentwurf hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Herbst 2018 veröffentlicht.
Die „Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten“ sind vor allem im Abschnitt 4 (§§ 11 bis 19) festgelegt.
Eine derartig umfassende und detaillierte Dokumentationspflicht irritert nicht nur Interessenten/Kunden an einer Kapitalanlage. Sie verunsichert auch die Vermittler. Denn leicht können Fehler mit Haftungsrisiken entstehen. Vor allem aber ist die Dokumentation mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Wie angemessen sind hier Aufwand und Nutzen?
Die Partei Die Linke richtete in einem ganz anderen Zusammenhang an die Bundesregierung eine „Kleine Anfrage“, inwiefern Vertreter spezifischer Interessen auf einen Gesetzentwurf zur „Digitalen Infrastruktur“ Einfluss nehmen konnten. Um die Lobbyarbeit transparenter zu machen, wollte sie wissen:
Wann Gespräche im Vorfeld des Gesetzesentwurfs stattfanden, wer die Teilnehmer waren, welche konkreten Formulierungen getroffen wurden, von wem die Initiative für den Kontakt ausging, ob finanzielle und wirtschaftliche Hintergründe des Gesprächspartners in Erfahrung gebracht wurden und ob entsprechende Aufzeichnungen und Protokolle angefertigt wurden.
Das sind im Grunde die gleichen Forderungen, die an die Finanzanlagenvermittler gestellt werden.
Wir alle wissen: Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe.
Arroganz der Macht
Genau in diesem Sinne ist die Antwort der Bundesregierung eine Abfuhr für Die Linke:
„Es ist weder rechtlich geboten noch im Sinne einer effizienten und ressourcenschonenden öffentlichen Verwaltung leistbar, entsprechende Informationen und Daten (z. B. sämtliche Veranstaltungen, Sitzungen und Termine nebst Teilnehmerinnen und Teilnehmern) vollständig zu erfassen oder entsprechende Dokumentationen darüber zu erstellen oder zu pflegen.“
„Die Bundesregierung geht davon aus, dass dem Informationsbedürfnis der Fragesteller künftig durch die Veröffentlichung der Gesetzes- und Verordnungsentwürfe sowie der Stellungnahmen aus der Verbändeanhörung auf den Internetseiten der jeweiligen Ressorts Genüge getan ist.“
„Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche – einschließlich Telefonate – besteht nicht, und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt.“
Und schließlich – klingt irgendwie gereizt, oder?
„Die Grenze zur administrativen Überkontrolle ist angesichts des Umfangs der Überprüfung der aktuellen Gesetzgebungstätigkeit und der Detailtiefe von einzelnen Fragen aus Sicht der Bundesregierung erreicht.“
Tilman Welter (fondstelegramm Welther Verlag GmbH) verglich Anfang des Jahres 2019 diese Antwort der Bundesregierung mit der Verpflichtung für die Dokumentation laut FinVermV und kam zu dem Schluss:
„Arroganter geht kaum … es entsteht der Eindruck, dass der Gesetzgeber hier mit zweierlei Maß zu Werke geht. Geht es um den eigenen Aufwand, handelt es sich um ‚administrative Überkontrolle‘, geht es um den Aufwand, den man anderen aufnötigt, wird vermeintlicher Anlegerschutz ins Feld geführt“.
Quelle: fondstelegramm.de, 03.01.2019
Übrigens: Warum als Bild der Jupiterkopf? – Nun: „Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt“.