Freiheit oder Profit – worum geht es in der Ukraine? Wem nützt und wem schadet die westliche „Hilfe“ in der Ukraine?
Freiheit darf man verteidigen
Erst unlängst verteidigte Bundeskanzler Scholz wieder die deutsche Ukraine-Politik gegen „Schreihälse“:
„Ja, das ist notwendig, wenn ein Land angegriffen wird, dann muss es sich, dann darf es sich verteidigen, was denn sonst?“
Geht es in der Ukraine wirklich um deren Verteidigung gegen Russland? Ist es auch unvermeidlich – oder „alternativlos“ – dass dafür hunderttausende Menschenleben auf beiden Seiten geopfert wurden und noch weiter geopfert werden?
Wohl nur diejenigen, die direkt unter Kriegen gelitten haben, scheinen zu wissen, was Kriege aus Menschen und ihrer Gesellschaft machen. Viele, die in einer Region ohne Krieg leben, reden leider recht locker darüber. Johann Wolfgang v. Goethe thematisierte dies unter anderem im „Faust“:
Doch trotz des geografischen und emotionalen Abstands zum Krieg spüren zunehmend auch die Bürger in den EU- und NATO-Staaten, dass die politischen und wirtschaftlichen Folgen unseren Lebensstandard belasten.
Der Krieg kanabalisiert das Land
Mit Blick auf die USA schreibt Chris Hedges: Kein Ausweg außer Krieg:
„Der permanente Krieg hat das Land kannibalisiert. Er hat einen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Morast geschaffen. Jedes neue militärische Debakel ist ein weiterer Nagel im Sarg der Pax Americana.
Wie das fast einstimmige Votum für die Bereitstellung von fast 40 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern für die Ukraine zeigt, sind die Vereinigten Staaten in der Todesspirale des unkontrollierten Militarismus gefangen. Keine Hochgeschwindigkeitszüge. Keine allgemeine Gesundheitsversorgung. Kein tragfähiges Covid-Hilfsprogramm. Keine Atempause von der Inflation von 8,3 Prozent. Keine Infrastrukturprogramme zur Reparatur verfallender Straßen und Brücken, die 41,8 Milliarden Dollar benötigen, um die 43.586 strukturell mangelhaften Brücken zu reparieren, die im Durchschnitt 68 Jahre alt sind. Kein Erlass von 1,7 Billionen Dollar an Studentenschulden. Keine Beseitigung der Einkommensungleichheit. Kein Programm, um die 17 Millionen Kinder zu ernähren, die jede Nacht hungrig ins Bett gehen. Keine vernünftige Waffenkontrolle oder Eindämmung der Epidemie von nihilistischer Gewalt und Massenerschießungen. Keine Hilfe für die 100.000 Amerikaner, die jedes Jahr an einer Überdosis Drogen sterben. Kein Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde, um 44 Jahren der Lohnstagnation entgegenzuwirken. Keine Atempause von den Benzinpreisen, die voraussichtlich 6 Dollar pro Gallone erreichen werden.
Die permanente Kriegswirtschaft, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eingeführt wurde, hat die Privatwirtschaft zerstört, die Nation in den Bankrott getrieben und Billionen von Dollar an Steuergeldern vergeudet. Die Monopolisierung des Kapitals durch das Militär hat die US-Schulden auf 30 Billionen Dollar getrieben, 6 Billionen Dollar mehr als das US-BIP von 24 Billionen Dollar. Die Bedienung dieser Schulden kostet 300 Milliarden Dollar pro Jahr. Wir haben mehr für das Militär ausgegeben, 813 Milliarden Dollar für das Haushaltsjahr 2023, als die nächsten neun Länder, einschließlich China und Russland, zusammen.“
Die US-Bürger zahlten den Preis für den Militarismus. Nur noch aufgrund der Dollar-Vorherrschaft auf den internationalen Märkten sei dies überhaupt möglich.
„Sobald der US-Dollar nicht mehr die Weltreservewährung ist, sobald es eine Alternative zu SWIFT gibt, wird dies einen internen wirtschaftlichen Zusammenbruch auslösen. Es wird die sofortige Schrumpfung des US-Imperiums erzwingen und die meisten seiner fast 800 Militäreinrichtungen in Übersee schließen. Es wird den Tod der Pax Americana bedeuten.“
Wirtschaftswachstum am Ende
Von Politikern und Medien in den EU-Staaten wird immer wieder auf die starke Wirtschaftskraft der Union verwiesen, die eine weitere Unterstützung der Ukraine erlaube. Bei genauerem Hinsehen erweisen sich die dazu angeführten Zahlen jedoch als trügerisch. Christian Kreiss, Professor für Betriebswirtschaftslehre, verwies in einem Beitrag im Mai 2023 darauf:
„Nominell wächst die Wirtschaft zwar noch, aber wenn man andere Faktoren berücksichtigt, die das Wohlergehen der Menschen bestimmen, sieht die Lage bei Weitem nicht mehr so rosig aus. Ohnehin wird ein Großteil des Wachstums des Bruttosozialprodukts nur noch auf dem Gesundheitssektor erwirtschaftet“
Diese Entwicklung demoralisiert die europäische Bevölkerung ähnlich wie in den USA.
„Je weniger sich die am Wirtschaftsprozess beteiligten Menschen an Ethik und Moral halten, desto höher werden die Transaktionskosten. Das verteuert Produktion und Verteilung der Güter und Dienstleistungen. Je niedriger die Moralstandards, desto mehr wird betrogen. Cum-Ex-Geschäfte, Dieselskandal, Wirecard, Gammelfleisch, Versicherungsbetrug, Glykol-Wein, Steuerflucht, Finanzbetrug, verdeckte Verkürzung der Produktlebensdauer usw.: Die Liste der kleinen und großen Betrügereien und Übervorteilungen im Wirtschaftsalltag ist lang und wird ständig länger. Meiner Einschätzung nach steigen Wirtschaftskriminalität, Unehrlichkeit und
Übervorteilung im Wirtschaftsleben seit Jahrzehnten deutlich an und werden absolut und pro zentual weiter ansteigen.
Wie wirkt sich das konkret auf unser Leben aus? Ein Beispiel: Wenn wegen sinkender
Moralstandards die Kriminalität zunimmt, brauchen wir immer mehr Polizisten, Security- und Wachpersonal, mehr Menschen, die Überwachungskameras oder andere Sicherheitsgegenstände wie Schlösser, Riegel, Sicherheitssoftware, Waffen, Schutz- und Abwehrgeräte oder Verteidigungsgegenstände herstellen, mehr Anwälte, Richter und Gefängnisse. Eine Zunahme der Leistungen dieser Menschen steigert zwar das BIP, nicht jedoch den realen Wohlstand.“
Ukraine als Profitquelle
Während sich für Millionen Menschen die Lebensbedingungen verschlechtern, sorgt sich eine kleine Gruppe von Globalisten um die Pfründe.
Der Journalist und Übersetzer Thomas Fazi beschreibt in einer Kolumne (Links wie im Original) für den unabhängigen Blog UnHerd die massiven Profitmöglichkeiten, die das Kapital in der Ukraine erschließen will:
„500 internationale Unternehmen aus 42 Ländern haben bereits den Ukraine Business Compact unterzeichnet, um das enorme Potenzial des Landes zu nutzen oder sich ein Stück vom ukrainischen Kuchen zu sichern. ‚Die meisten halten sich angesichts der Sicherheitsbedrohung vorerst zurück‘, berichtet die FT. ‚Aber es gibt bereits Unternehmen, die an der Schwelle zum Einstieg stehen – vor allem in den niedrig hängenden Industrien wie Bau und Material, landwirtschaftliche Verarbeitung und Logistik.'“
Fazi verweist darauf, dass diese Entwicklung bereits vor dem Maidan-Putsch 2014 begann, danach jedoch verstärkt wurde. Insbesondere seit 2022 fordert der Westen immer stärker „Strukturreformen“ damit die Ukraine in die EU und NATO aufgenommen werden könne. So veröffentlichte das
„Center for Economic Policy Research (CEPR), eine einflussreiche europäische Denkfabrik, einen Bericht mit dem Titel Macroeconomic Policies for Wartime Ukraine (Makroökonomische Maßnahmen für die Ukraine in Kriegszeiten), in dem es hieß, dass die Ukraine ‚eine umfassende radikale Deregulierung der Wirtschaftstätigkeit‘ anstreben sollte. Noch beunruhigender ist, dass laut der Wirtschaftsbeobachtungsstelle des Oakland-Instituts die westliche Finanzhilfe ‚von den Finanzinstitutionen als Druckmittel eingesetzt wird, um den Wiederaufbau nach dem Krieg in Richtung weiterer Privatisierungs- und Liberalisierungsreformen zu lenken‘. Die Europäische Union hat beispielsweise klargestellt, dass die Entscheidung der Union, die Zinszahlungen für die ukrainischen Kredite auszusetzen, nur dann in Kraft tritt, wenn ‚politische Voraussetzungen‘ erfüllt werden, z. B. in Bezug auf Arbeitsreformen und die Privatisierung von Staatsvermögen.
Es war daher keine Überraschung, als die ukrainische Regierung im vergangenen Jahr ein Kriegsgesetz verabschiedete, das die Möglichkeiten der Gewerkschaften, ihre Mitglieder zu vertreten, stark einschränkte. Es gab den Arbeitgebern das Recht, Tarifverträge einseitig auszusetzen, und befreite die große Mehrheit der Beschäftigten effektiv vom ukrainischen Arbeitsrecht – ein dramatischer Rückschritt für die Arbeitnehmer, aber ein Segen für das globale Kapital. Die westlichen Regierungen haben den Reformen stillschweigend zugestimmt, und aus durchgesickerten Dokumenten aus dem Jahr 2021 geht hervor, dass das Vereinigte Königreich über seinen Entwicklungshilfearm UK Aid und seine Botschaft in Kiew Berater finanzierte, die die ukrainische Regierung dabei unterstützen sollten, dem Volk die Arbeitsmarktreformen zu verkaufen.“
Was kann zu einem Ende des Krieges führen?
Ähnlich wie Thomas Fazi äußerte sich der Politikwissenschaftler und ehemaliger Oberst der US-Armee Douglas MacGregor Anfang Juli 2023 in einem Video.
„Die Globalisten, de die Fäden in der Hand halten, also die globalistische neokonservative Elite, sowohl im Kongress als auch im Weißen Haus, und diese Eliten in Europa, insbesondere in Paris, Berlin und London, sie wollen alle dass Blackrock die Ukraine unter seine Kontrolle bringt, zum einen, damit sie systematisch ihrer Ressourcen beraubt und in einen unterworfenen Staat verwandelt werden kann, der den größeren globalistischen Eliten gehört.
Aber genau das wollen sie auch mit Russland erreichen, weshalb es in diesem Krieg nie um die Ukraine ging. Es ging immer darum, wie man Russland zerschlagen kann.
Biden sagte selbst: Unser Ziel ist ein Regime Change. Unser Ziel ist es, Putin loszuwerden, und unser Ziel ist es letztendlich, Russland in Einzelteile zu zerstückeln, die dann ausgebeutet werden.“
Es geht wohl also mehr um die Freiheit des Kapitals und der Ausbeutung als die Freiheit der Bürger – oder?