Wie arbeitet die Bundesregierung mit privaten Stiftungen zusammen? Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der LINKEN.
Bundesregierung und private Stiftungen – Folge dem Geld
Das private Stiftungen und Organisationen, die hierzulande oft als „philantropisch“ bezeichnet werden, einen erheblichen Einfluss auf die Politik der Bundesregierung ausüben, ist keine neue Erkenntnis. Interessant für deutsche Steuerzahler ist jedoch immer wieder daran, wofür ihre Steuergelder so verwendet werden.
Einige Abgeordnete der LINKEN haben eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Die Antwort ist nicht uninteressant. Hier ein paar Auszüge.
Insgesamt unterstreicht die Bundesregierung sogar die wachsende Rolle ihrer Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen und Organisationen:
„Viele Stiftungen spielen nicht nur eine wachsende Rolle bei der Entwicklungsfinanzierung. Sie haben auch Einfluss auf die Formulierung entwicklungspolitischer Strategien und deren Umsetzung auf nationaler Ebene.
Insbesondere die Bill & Melinda Gates Stiftung ist zu einem der einflussreichsten Akteure bei der Gestaltung internationaler Gesundheits- und Landwirtschaftspolitik geworden.“
Als Beleg für die Einfluss der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) verweist die Bundesregierung auf „aktuelle Recherchen von ‚Welt‘ und ‚Politico‘.“ (Interessant, woher die Bundesregierung ihre Informationen bezieht – oder?)
In diesem Zusammenhang wird auch darauf verweisen, dass die BMGF gerade im Gesundheitsbereich einen bedeutenden Einfluss ausübt.
“ Die Stiftung ist heute außerdem größter privater und insgesamt zweitgrößter Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie Gründerin zahlreicher multilateraler Fonds, an denen sich auch die Bundesregierung mit Haushaltsmitteln beteiligt und an denen kaum noch ein Weg vorbeiführt, wie etwa dem Globalen Fonds für Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM). Im Bereich der Impfstoffentwicklung und Impsfstoffverbreitung ist die BMGF besonders aktiv und hat hierfür mehrere multilaterale privat-öffentlich betriebene Organisationen ins Leben gerufen, wie etwa die Impfallianz GAVI, die Impfstoffentwicklungsagentur CEPI, das internationale Impfinstitut IVI, welches sich wie eine Organisation der Vereinten Nationen präsentiert, um nur einige zu nennen.“
Alternativlose Zusammenarbeit?
Ob an der Zusammenarbeit mit den „multilateralen Fonds“ kein Weg vorbeiführt, ist die Sicht der Bundesregierung. Andere Regierungen sehen das durchaus anders. Beispielsweise hat Indien 2017 die BMGF aus ihrem Gesundheitsprogramm verbannt. In der indischen Finanzpolitik durfte die BMGF noch weiter mitmischen.
Für die Bundesregierung scheinen die Erfahrungen Indiens kein Problem zu sein.
„Die Bundesregierung arbeitet in verschiedenen Bereichen mit privaten Stiftungen zusammen. Insbesondere im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit kooperiert die Regierung regelmäßig mit Stiftungen wie der BMGF oder der Robert-Bosch-Stiftung … Seit 2008 bestehen zwischen dem BMZ [ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – T.S.] und den Durchführungsorganisationen (insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit gGmbH (GIZ)) und der BMGF Kooperationsprojekte. Mit nicht unerheblichen Haushaltsmitteln von bis zu 1 Mrd. Euro jährlich aus den Entwicklungs- und Gesundheitsetats beteiligt sich die Bundesregierung an den genannten und weiteren privat-öffentlichen Organisationen GFATM, GAVI, CEPI, etc.“
Die Bundesregierung kommt in ihrer Antwort nicht umhin darauf zu verweisen, dass die Förderung aus Steuergeldern nicht ganz „unumstritten“ ist und der Bundesrechnungshof mehrfach kritisierte:
„Außerdem hat sich die Bundesregierung, vor allem das BMZ, in der Vergangenheit mehrfach mit öffentlichen Geldern an der Gründung und dem Betrieb von privaten Stiftungen beteiligt, was auch mehrfach vom Bundesrechnungshof kritisiert wurde (s. u. a. Bericht nach § 88 Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages: Information über die Entwicklung des Einzelplans 23 (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2022).
Die Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen ist nicht unumstritten. Kritiker befürchten, dass durch die Einbindung von Stiftungen in staatliche Aufgabenbereiche die demokratische Willensbildung, Zielfestlegung und Kontrollmechanismen ausgehebelt werden und private Interessen eine zu große bis dominante Rolle spielen könnten.
Eine gründliche Prüfung der Risiken und Nebenwirkungen der Aktivitäten philanthropischer Stiftungen wäre daher geboten.“
Ungeachtet dessen sieht die Bundesregierung „keine Notwendigkeit, den Einfluss privater Stiftungen generell ‚zurückzudrängen‘.“
Personelle Verflechtungen
Es geht jedoch nicht nur um finanzielle Verflechtungen, sondern auch um personelle. Auf die Abfrage an die Bundesregierung, inwiefern an private Stiftungen und von ihnen geführter Organisationen oder Programme „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktuell ausgeliehen“ werden, und wie dabei „gegebenenfalls mögliche Interessenkonflikte vermieden werden“, hißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage:
„Aktuell gibt es eine Personalzuweisung aus dem Auswärtigen Amt an die Bertelsmann-Stiftung und Personalabordnungen des BMJ an das Deutsche Forum für Kriminalprävention (DFK). Die Vermeidung möglicher Interessenkonflikte ist durch die gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet, die das öffentlichrechtliche Dienst- und Treueverhältnis der Bediensteten begründen.“
Namentlich detaillierter wird diese Verflechtung in der Anlage 3 aufgelistet.